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Die Europäische Bankenaufsicht EBA holt zum ultimativen Schlag gegen die Finanzierung der KMU, der Klein- und Mittelbetriebe, in Europa aus. Ab dem 1. Jänner 2021 gelten verschärfte Leitlinien für die Beurteilung eines Kreditrisikos, in den verbleibenden Monaten bis zu diesem Termin müssen die Banken die Bewertungen der Kunden, die viel zitierten „Ratings“, neu fassen und ab 2021 die neuen Bestimmungen anwenden.
Und das bedeutet im Klartext: Bei den geringsten Schwächeerscheinungen eines Unternehmens müssen die Kredite fällig gestellt und die Sicherheiten verwertet werden. Mit dieser Vorgabe geht die mittelständische Wirtschaft in die aktuelle Konjunkturflaute, viele sprechen bereits von einer Rezession. Es ist unverständlich, dass nicht ein lauter Aufschrei aus allen Unternehmer-Vertretungen zu hören ist. Schließlich braucht ein Betrieb gerade in schwierigen Zeiten die Hilfe der Bank besonders stark. Vermutlich werden, wie schon so oft, die umfangreichen EU-Papiere nicht gelesen und erst wenn sie in Kraft treten, breitet sich allgemeines Entsetzen aus.
Die KMU sind zu 70 Prozent von Bankfinanzierungen abhängig
In erster Linie sind die KMU angesprochen, weil in diesem Bereich die Abhängigkeit von Bankkrediten besonders groß ist. Nur etwa 28 Prozent des Finanzierungsbedarfs werden über Eigenkapital gedeckt, für über 70 Prozent braucht man Fremdkapital, also Kredite von den Banken. Allerdings beschränkt sich die EBA in ihren Richtlinien nicht auf die kleineren Unternehmen, auch die Großen hat man im Visier. Zuletzt ist am 1. Juli des laufenden Jahres die Mittelvergabe an große Unternehmen erneut erschwert worden. Diese Firmen können aber auch über den Aktien- und den Anleihenmarkt Mittel aufnehmen, eine Alternative, die den meisten kleineren Unternehmen nicht offen steht.
Die Bankenaufsicht schützt die Banken, die Kunden spielen keine Rolle
Das Ziel der Bankenaufsicht ist der Schutz der Banken. Es geht in erster Linie darum, Risiken von den Kreditinstituten fernzuhalten. Die Interessen der Kreditnehmer spielen eine geringe Rolle. Aus diesem Grund gibt es eine Reihe von Vorgaben, die bereits 2004 mit dem Regelwerk „Basel II“ gestartet wurden. Seit der Finanzkrise 2008 kommt es laufend zu Verschärfungen, wie auch jetzt ab 1. Jänner 2021. Die Grundlagen dieser Politik sind im Regelwerk „Basel III“, in der CRR, Capital Requirements Regulation, auf Deutsch Kapitaladäquanzverordnung, und in anderen, kompliziert formulierten, umfangreichen Bestimmungen zu finden. Die Aufseher vermeiden das Wort „Basel IV“, doch ist die Bankenwelt mit den vielen Ergänzungen und Leitlinien längst über „Basel III“ hinaus reguliert.
Die Regularien machen Probleme mutwillig zu handfesten Krisen
Die Bekämpfung des Risikos der Banken hat schon längst einen perversen Effekt: Man ist nicht bestrebt, Probleme zu lösen, sondern arbeitet gleichsam mit dem Vorschlaghammer und macht so aus den Schwierigkeiten Krisen:
- Wenn ein Kreditnehmer Umsatz- oder Ertragseinbußen hat, muss die Bank rasch auf die Bremse steigen, also die Probleme vergrößern. Das früher übliche Begleiten durch eine schwierige Phase wurde sukzessive erschwert und wird nun vollends unmöglich gemacht.
- Sicherheiten werden bereits seit langem in Frage gestellt, nun sollen diese rasch verkauft werden. Da nicht selten die Betriebsgebäude verpfändet sind, bedeutet die Vorgabe in vielen Fällen das sofortige Ende des betroffenen Unternehmens. Dass Sicherheiten genau diese Problematik verhindern sollen und in der Lage wären, eine Firma in Schwierigkeiten vor dem Zusammenbruch zu bewahren, interessiert die Aufseher nicht.
In der aktuell hoch entwickelten Wirtschaft gibt es tatsächlich Sicherheiten, die das Kreditrisiko verringern. Vollends vergessen ist offenbar, dass Banken auch Kredite geben sollen, wenn die Zukunftsperspektive eines Betriebs überzeugt und keine Besicherung gegeben ist. Diese Grundhaltung ist in Nachkriegs- und Krisenjahren unverzichtbar. Und sie wäre auch heute am Platz, um die Umsetzung neuer Ideen zur Bewältigung der grundlegenden Veränderungen in allen Bereichen zu erleichtern.
- Die prompte Verwertung von Sicherheiten bedeutet nicht nur den Ruin der kreditnehmenden Firma. Probleme treten in der Regel nicht nur bei einzelnen Betrieben auf, sondern treffen viele gleichzeitig. Es müssen also von Vielen die Sicherheiten verwertet werden. Nachdem es sich zumeist um Immobilien handelt, wird auf diese Weise der Markt gestört, die Preise verfallen und die Abdeckung der Kredite wird zusätzlich erschwert. Die Krise wird so verdoppelt. Es ist geradezu frivol: In den Leitlinien, die diese Probleme auslösen, wird das Thema sogar angesprochen. Die Banken „sollen bei der Verwertung der Sicherheiten auf eine ausreichende Liquidität des Marktes“ achten.
Ein Auslöser der Krise 2008, der Verkauf von Krediten, wird heute von der Bankenaufsicht empfohlen
- Die Vorgaben der Europäischen Bankenaufsicht enthalten eine besondere Groteske: Den Banken wird empfohlen, Kredite zu verkaufen. Genau diese Praxis hat im Jahr 2008 die Krise enorm verschärft, die Bankenaufsicht müsste also den Verkauf von Krediten verbieten. Das Gegenteil geschieht, weil auch mit diesem Instrument das Risiko der Banken verringert werden soll.
Der Verkauf von Krediten erfolgt über die Bündelung von Forderungen, die mit einem großen Abschlag an einen Fonds oder an eine sonstige Investmentgesellschaft veräußert werden. Der Käufer hofft, dass die Schuldner 100 Prozent bezahlen, sodass er durch den Abschlag und zusätzlich durch die laufenden Zinsen verdient. Die Kredite werden durch einen Computer verwaltet, der bei geringsten Unregelmäßigkeiten Forderungen fällig stellt.
Bundesbank und EZB stehen wegen Finanzierung der „Bayer“-Tochter „Monsanto“ in der Kritik. Die Bundesbank hat möglicherweise bis zu 47 Milliarden US-Dollar Anleihen gekauft.Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Dass die Deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank (EZB) den Monsanto-Kauf durch den Bayer-Konzern mitfinanziert haben, ist seit einigen Monaten klar. Dies publizierte die in Argentinien lebende Investigativjournalistin Gaby Weber. Sie vermutete, dass die Finanzierung von Monsanto aber nicht ganz koscher sein könnte. Kriminelles Handeln durch hochrangige Beamte schloss sie nicht aus.
Jedes Schulkind hätte vom Monsanto-Kauf abgeraten