Bundeswehr ist an „verdeckten Operationen“ beteilig
Die Schattentruppe
Deutschlands geheimer Krieg in Afghanistan
von Christian Rohde und Ulrich Stoll
Deutsche Spezialkräfte in Afghanistan jagen Aufständische in weit größerem Umfang als bisher bekannt. Nach Recherchen von Frontal21 haben Bundeswehr-Soldaten der „Task Force 47“ seit Herbst 2007 56 Aufständische festgenommen. Bei einem Einsatz unter Beteiligung deutscher ISAF-Soldaten wurde ein Afghane erschossen, als er sich gegen die Festnahme durch US-Soldaten wehrte.
Parlament und Öffentlichkeit werden nur unzureichend über die Aktivitäten deutscher Kommandokräfte in Afghanistan informiert. So erfuhren die Bundestagsabgeordneten erst im September 2009 von der Existenz der 120-köpfigen in Kunduz stationierten „Task Force 47“. Wenige Wochen zuvor war bekannt geworden, dass die NATO Tötungslisten führt, mit deren Hilfe mehrere hundert Zielpersonen gejagt werden. Kill or Capture, töten oder gefangen nehmen, ist die Aufgabe der NATO-Spezialeinheiten, zu denen auch die deutsche „Task Force 47“ gehört.
Marc Lindemann hat als Nachrichtenoffizier der Bundeswehr diese Listen selbst gesehen: „Diese Liste ist NATO-weit verfügbar und wird dann von Spezialeinheiten der NATO in Afghanistan abgearbeitet. Werden Zielpersonen von dieser Liste erkannt, lokalisiert, dann erfolgt der Zugriff.“ Lindemann, der ein Buch über seine Zeit in Afghanistan geschrieben hat, bestätigt im Interview mit Frontal21, dass auch deutsche Spezialkräfte an diesen Operationen teilnehmen: „Wir als deutsche Soldaten nehmen keine gezielten Tötungen vor. Wir sind nur autorisiert, gezielt Gefangennahmen durchzuführen.“
Ungesetzliche Gefangennahmen
Der Völkerrechtler Professor Andreas Fischer-Lescano von der Universität Bremen warnt, dass solche Gefangennahmen durch das Bundeswehr-Mandat für Afghanistan nicht gedeckt sind: „Die Bundeswehr ist nicht befugt, sich an der Festnahme Verdächtiger und ihrer Überstellung an afghanische oder US-Behörden zu beteiligen“, erklärt Fischer-Lescano gegenüber Frontal21: „Es ist untersagt, dass die Bundeswehr Gefangene an Staaten übergibt, bei denen es begründete Zweifel an der menschenrechtskonformen Gefangenbehandlung gibt.“ Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt afghanischen Behörden und den USA die Folterung Gefangener vorgeworfen.
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http://frontal21.zdf.de/ZDFde/druckansicht/10/0,6911,8047850,00.html
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