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Die Weltbank als Partner Berufs krimineller Zirkel reguliert nicht die ICSID Verfahren

Es dürfte wohl unterschiedliche Probleme geben, wobei auch Staaten massiv betrügen und man Grundstücke zur Verfügung stellt, später lokale Kriminelle der Politik, die Grundstücke wild bebauen, wo dann keine Polizei noch Justiz funktioniert. Ja sogar mehrfach Verkäufe, auch von Lizensen gibt es, mehrfach Grundstücks Verkäufe usw.

ICSID

 

Wenn Staaten dem Profit schaden
08.10.2013
BERLIN
(Eigener Bericht) – Bundesdeutsche Konzerne suchen ihre Profitinteressen immer häufiger mit Prozessen gegen souveräne Staaten durchzusetzen. Dabei geht es nicht nur um Verstaatlichungen, sondern auch um Steuererhöhungen, den Widerruf von Genehmigungen, neue Umweltgesetze oder auch um das Verbot von Produkten sowie Gewinntransfers. „Die mögliche Vielfalt schädlichen staatlichen Handelns ist praktisch unbegrenzt“, heißt es in einer Rechtshilfe-Publikation der bundeseigenen deutschen Außenwirtschaftsagentur „Germany Trade and Invest“ (gtai). Bereits 27 Mal haben Siemens, E.ON, Daimler, Hochtief, Wintershall und andere deutsche Unternehmen das „Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten“ (ICSID) oder andere Institutionen angerufen, um ihre Gewinne zu sichern. Berlin setzt sich weiterhin für umfassende Investoren-Schutzrechte ein, die als Grundlage für ICSID-Verfahren dienen. Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften kritisieren die wachsende Macht des intransparenten supranationalen Rechtsinstituts, das keinerlei demokratischer Kontrolle unterliegt.
Hilfe, ich werde enteignet!
„Staaten können die Profitabilität einer Investition auf vielfältige Weise beeinträchtigen“, erklärt die bundeseigene Außenwirtschaftsagentur „Germany Trade and Invest“ (gtai) in ihrer Publikation „Hilfe, ich werde enteignet!“[1] Nicht nur Verstaatlichungen, sondern auch Steuererhöhungen, neue Umweltgesetze, den Widerruf von Genehmigungen, das Untersagen von Gewinn-Transfers ins Heimatland und Verbote bestimmter Produkte zählt die Schrift zu solchen profitschädigenden Hemmnissen. Als Fälle „schleichende(r) Enteignung“ haben demnach überdies die Abschaffung von Sonderwirtschaftszonen, die Absenkung von Tarifen im Energie- oder Telekommunikationsbereich, das Aufkündigen von Verträgen oder die Abwertung von Landeswährungen zu gelten. Da die nationalen Gerichte nach Ansicht von gtai nur unzureichend vor solchen „politischen Risiken“ schützen, rät die Agentur den betroffenen Konzernen, vor das „Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten“ (International Centre for Settlement of Investment Disputes, ICSID) zu ziehen.
Hochtief vs. Argentinien
Das 1965 gegründete und an die Weltbank angegliederte ICSID mit Sitz in Washington verzeichnete bis Ende 2012 insgesamt 514 Verfahren, deren Rechtsgrundlage jeweils die zwischen den betroffenen Nationen geschlossenen Investitionsschutz-Abkommen bilden. Weitere Streitfälle liegen dem „International Chamber of Commerce“, der WTO-Institution UNCITRAL und anderen Einrichtungen vor. Bundesdeutsche Firmen haben diese Schiedsgerichte bisher 27 Mal angerufen. So berät das ICSID zurzeit über eine Klage von Hochtief gegen Argentinien. Ein Konsortium unter Beteiligung des Bau-Konzerns hatte 1997 den Zuschlag bekommen, im Rahmen einer „Public Private Partnership“ eine 60 Kilometer lange Maut-Autobahn mitsamt Brücken zu errichten. Weil die Firmen, bedingt durch die Wirtschaftskrise von 2001 und deren Folgen, in ökonomische Schwierigkeiten gerieten, die Fristen nicht einhalten konnten und außerdem die Kosten explodierten, drang der Staat, der den Unternehmen zusätzliche Darlehen in Höhe von 42 Millionen US-Dollar gewährt hatte, auf Neuverhandlungen.[2] Hochtief zeigte sich mit den Ergebnissen jedoch nicht zufrieden und schaltete das ICSID ein, das bis dato noch keine Entscheidung gefällt hat.
Bestochen? Macht nichts
Auch Siemens zitierte Argentinien vor das Washingtoner Gericht. Der Konzern hatte von dem südamerikanischen Land 1998 den Auftrag für die Herstellung neuer Personalausweise und die Ausstattung von Grenzübergängen mit Lesegeräten erhalten.[3] Da er sich aber nicht an den vereinbarten Kostenrahmen hielt und zudem fehlerhaft arbeitete – die Techniker hatten die Fingerabdrücke seitenverkehrt in die Dokumente eingelassen -, kündigte Argentinien den Vertrag. Siemens zog 2002 vor das ICSID und bekam 2009 in letzter Instanz Recht; die Richter verurteilten den souveränen Staat zu einer Entschädigung von 217 Millionen US-Dollar. Da sie lediglich der Wahrung des Investitionsschutzes verpflichtet sind, hatten die von Siemens im Zuge der Ausschreibung gezahlten Bestechungsgelder in Höhe von zehn Millionen Dollar keinerlei Einfluss auf ihre Entscheidung.
Vom Recht auf Preiserhöhungen
Daimler verklagte Argentinien unter anderem wegen Verlusten, die sich 2002 aus der Abwertung der einheimischen Währung nach Auflösung der Dollar-Bindung ergaben. E.ON rief das ICSID an, da die Regulierungsbehörden der Slowakei dem Konzern keine Gaspreis-Erhöhungen genehmigen wollten. Gelsenwasser initierte gleich mehrere Verfahren gegen den algerischen Staat, der die Verzögerungen bei den Arbeiten zur Privatisierung der Wasserversorgung von Annaba nicht länger duldete und deshalb den entsprechenden Vertrag aufkündigte. Weitere Verfahren strengten Klöckner, Wintershall und Fraport an.
Klagen gegen Krisenverluste
Bei ICSID und anderen Stellen, die von deutschen Konzernen genutzt werden, sind auch deutsche Juristen stark präsent. Rechtsanwaltskanzleien wie Luther, Gröpper Köpke oder Gleiss Lutz vertreten zahlreiche Kläger und Beklagte oder stellen Schiedsgerichtsrichter. 43 bundesdeutsche Schlichter standen bereits in ICSID-Diensten. Bei Stundensätzen von bis zu 1.000 US-Dollar, Prozesskosten von durchschnittlich acht Millionen US-Dollar und hohen Streitwerten stellen die Verfahren eine lukrative Einnahmequelle dar. Allein die bisherigen Fälle der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft sind sechs Milliarden Euro schwer. Aktuell vertritt die Kanzlei Vattenfall im Verfahren gegen die Bundesrepublik; der schwedische Stromkonzern fordert eine Entschädigung in Höhe von rund 3,7 Milliarden Euro – mit der Begründung, die Energiewende sei wegen ihrer Auswirkungen auf Atomkraft-Investitionen ein Instrument der indirekten Enteignung. Die Luther-Juristen, die im Auftrag von gtai auch die Schrift „Hilfe, ich werde enteignet!“ verfassten, versuchten sogar, die Griechenland-Krise für den Gewinn neuer Mandate zu nutzen. Besitzern griechischer Staatsanleihen rieten sie „angesichts des unsauberen griechischen Finanzgebarens“ zu Klagen vor den Schiedsgerichten gegen Athen.[4]
Regulation als „Enteignung“
Obwohl die Bundesrepublik selbst zu den Beklagten zählt, setzen sich deutsche Politiker in den aktuellen Verhandlungen der Europäischen Union mit Indien, Kanada und Singapur über Freihandelsabkommen für die Verankerung eines strengen Investorenschutzes ein. So plädieren bundesdeutsche Vertreter für die Aufnahme strikter Regelungen in den Vertrag mit Indien. „DEU betonte das Interesse an einem hohen Schutzniveau von Investitionen entsprechend dem erteilten Verhandlungsmandat und bat um aktuelle Texte. Zudem mahnte DEU, nicht zu früh IND gegenüber Zugeständnisse zu machen“, heißt es in EU-Dokumenten, die german-foreign-policy.com vorliegen. In den Pakt mit Singapur wollen die Unterhändler sogar Sicherheitsstandards aufgenommen wissen, die über diejenigen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA hinausgehen. Auch beim CETA-Handelsabkommen mit Kanada verfolgen sie dieses Ziel. Darüber hinaus warnen die Delegierten vor Enteignungen unter dem Deckmantel nationaler Interessen: „Das Recht zu regulieren, das CETA derzeit der kanadischen Regierung zugesteht, um Arbeitsrechts- und Umweltgesetze erlassen zu können, darf nicht als Vorwand für indirekte Enteignungen legaler ausländischer Investitionen dienen.“
Aushöhlung demokratischer Souveränität
Das ICSID und ähnliche Institutionen sehen sich inzwischen wachsender Kritik ausgesetzt. Der US-amerikanische Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO etwa warnt vor einer Aushöhlung der staatlichen Souveränität und betrachtet ICSID als ein „ungerechtfertigtes Risiko für die inländische Politik auf lokaler, staatlicher oder föderaler Ebene“.[5] Andere Organisationen monieren die Intransparenz der Kammern, die sich jeglicher demokratischen Kontrolle entziehen und nur Unternehmen das Klagerecht zugestehen.
Prozesskosten statt Lehrergehälter
Die enge Ausrichtung auf das Wohl der Investoren führt den Initiativen zufolge auch dazu, die wirtschaftliche Gesamtkonstellation, in der die Streitfälle stehen, zu vernachlässigen und die Folgen der Prozesse außer Acht zu lassen. So musste die philippinische Regierung nach Angaben von „Corporate Europe Observatory“ (CEO) in der juristischen Auseinandersetzung mit Fraport über einen Flughafenbau bereits 58 Millionen US-Dollar für ihre Verteidigung aufwenden: „Geld, mit dem sie 12.500 Lehrerinnen und Lehrer entlohnen oder gleich zwei neue Flughäfen hätte bauen können“, konstatiert Pia Eberhardt von CEO.[6] Aus all diesen Gründen hat ein Zusammenschluss aus 863 NGOs schon 2007 einen Appell an den damaligen Weltbank-Präsidenten Robert B. Zoellick gerichtet. „Die Weltbank sollte ein unabhängiges Prüfungspanel einrichten, um zu analysieren, wie das ICSID (und die von ihm exekutierten Investment- und Handelsabkommen) andere internationale Verträge, die der Förderung der Sozial-, Wirtschafts- und Menschenrechte dienen, genauso unterhöhlen wie die Fähigkeit der Entwicklungsländer, ihre externen Schulden zu reduzieren und die Millenium-Entwicklungsziele zu erreichen“, hieß es in dem Aufruf.[7] Ein Reaktion von seiten der Weltbank steht bis heute aus.
[1] „Hilfe, ich werde enteignet!“; http://www.gtai.de
[2] Argentinisches Tageblatt vom 20. Mai 2006; http://www.tageblatt.com.ar
[3] Lateinamerika Nachrichten Nr. 409/410; www. lateinamerikanachrichten.de
[4] Luther News 16. August 2011
[5] A Transatlantic Corporate Bill Of Rights, http://www.corporateeurope.org
[6] Konzerne versus Staaten: Mit Schiedsgerichten gegen die Demokratie; Blätter für deutsche und internationale Politik 4/2013
[7] http://www.twnside.org.sg
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  1. navy
    März 29, 2014 um 6:12 pm

    Wie Konzerne Staaten vor sich hertreiben

    Immer mehr Konzerne verklagen ganze Staaten vor geheimen Schiedsgerichten auf Schadensersatz in Milliardenhöhe. Wir stellen vier interessante Fälle vor. von Alexandra Endres und Lukas Koschnitzke
    27. März 2014 13:51 Uhr 115 Kommentare

    Sie klagen gegen neue Gesetze, die ihr Geschäft beeinträchtigen könnten; weil die Regierung ihnen Lizenzen entzieht oder Subventionen aberkennt oder wegen vermeintlicher Unregelmäßigkeiten in öffentlichen Ausschreibungen: Es gibt viele Gründe, aus denen Investoren vor ein internationales Schiedsgericht ziehen und Staaten verklagen – und immer mehr Unternehmen nutzen das Instrument. 58 neue Streitfälle hat die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) im Jahr 2012 gezählt, mehr als je zuvor. Aktuellere Daten gibt es noch nicht.

    Zwei Drittel der Klagen richteten sich gegen Schwellen- oder Entwicklungsländer. Das hat historische Gründe: Die Verträge, die den Klagen zugrunde liegen, waren ursprünglich dazu gedacht, Investitionen aus Industrieländern in Entwicklungsländern zu schützen, da dort vermeintlich weniger Rechtssicherheit herrscht. Investitionsschutzverträge zwischen Industrieländern gibt es noch nicht so lange.

    Insgesamt hatte die Unctad Ende 2012 genau 514 Fälle von Investorenklagen erfasst, schon abgeschlossene Verfahren inklusive. Deutsche Unternehmen gehören zu den häufigsten Klägern. Sie zogen insgesamt 27 Mal vor ein Schiedsgericht. Mehr schafften nur Konzernen aus den USA, die mit 123 Verfahren weit vorne liegen, aus den Niederlanden (50 Fälle) und dem Vereinigten Königreich (30 Fälle). An häufigsten befasst sich das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten ICSID mit den Klagen, ein Schiedsgericht der Weltbank. Andere laufen über UNCITRAL, eine Kommission der Vereinten Nationen.

    Politik reagiert auf die Kritik

    Doch die Schiedsgerichtsbarkeit ist heftig umstritten. Weil die Schiedsgerichte unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen und ihre Urteile aus internationalen Verträgen abgeleitet werden, also im Zweifel über nationalem Recht stehen, werfen Kritiker ihnen eine fehlende demokratische Legitimierung vor. Ist ein Urteil ergangen, kann keine Berufung dagegen eingelegt werden. …http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-03/investitionsschutz-klauseln-beispiele

  2. navy
    März 29, 2014 um 6:13 pm

    Geheimgerichte: Global Player verklagen ganze Staaten und entmachten sie so

    Unter aufgeklärten Menschen gibt es seit Jahrzehnten den Streit, ob es eigentlich ein Primat der Politik oder ein Primat der Wirtschaft gäbe und wer letztendlich wirklich herrscht. Wieder einmal bewahrheitet sich der marxistische Ansatz, dass die Wirtschaft dominiert.

    Immer mehr Konzerne verklagen ganze Staaten vor geheimen Schiedsgerichten auf Schadensersatz in Milliardenhöhe

    Entsprechend stellt der Industrieverband BDI beispielsweise Forderungern zum Schutz dieser Exportkapitalien im Ausland: Im Jahr 2011 betrug der Wert der Bestände deutscher Direktinvestitionen im Ausland (ADI) 1.144,0 Mrd. Euro. Seit 1990 sind die Bestände somit um das 5-fache gestiegen (1990: 226,5 Mrd. Euro). Allein im Jahr 2012 investierten deutsche Unternehmen 52,1 Mrd. Euro im Ausland. Umso wichtiger sei ein umfassender Schutz von ADI. Investitionsförder- und -schutzverträge (IFV) bieten angeblich einen solchen Schutz. Diese internationalen und völkerrechtlichen Verträge zwischen zwei oder mehr Ländern dienen dazu, ausländischen Investoren die Märkte zu sichern, den Schutz des Eigentums und die Möglichkeit zuzusichern, ihre Rechte im Gastland gerichtlich durchzusetzen.

    Vor Geheimgerichten klagen sie gegen Standortbenachteiligungen, gegen neue Gesetze, die beispielsweise die Nationalisierung der heimischen Wirtschaft beinhalten, weil die Regierung ihnen Rechte oder Lizenzen entzieht oder Subventionen streicht oder wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten in öffentlichen Ausschreibungen: Es gibt viele Gründe, aus denen Global Player u a Investoren vor ein internationales Schiedsgericht ziehen und Staaten verklagen – und immer mehr Unternehmen nutzen das Instrument.

    58 neue Streitfälle hat die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) im Jahr 2012 gezählt, mehr als je zuvor. Aktuellere Daten gibt es noch nicht.
    ……….

    http://internetz-zeitung.eu/index.php/1674-geheimgerichte-global-player-verklagen-ganze-staaten-une-entmachten-sie-so

  3. April 6, 2014 um 6:02 pm

    Investitionsschutz

    22. Bei den Verhandlungen im Bereich der Investitionen wird das Ziel darin bestehen, auf der Grundlage des höchsten Liberalisierungsniveaus und der höchsten Schutzstandards, die die beiden Vertragsparteien bis dato ausgehandelt haben, Bestimmungen über die Liberalisierung und den Schutz von Investitionen einschließlich in Bereichen gemischter Zuständigkeit wie Portfolioverwaltung, Eigentums- und Enteignungsaspekte auszuhandeln. Nach vorheriger Konsultation der Mitgliedstaaten und gemäß den EU-Verträgen wird die Einbeziehung des Investitionsschutzes und der Streitbeilegung zwischen Investor und Staat davon abhängen, ob eine zufriedenstellende Lösung, mit der die Interessen der EU in Bezug auf die Fragen nach Nummer 23 berücksichtigt werden, erzielt wird. Die Frage wird auch im Hinblick auf die endgültige Ausgewogenheit des Abkommens geprüft.
    Klagen

    Das EU-Mandat zum TTIP spricht beim Thema Investorenschutz eine deutliche Sprache: Investoren und Konzerne sollen geschützt werden und eigene Sonderklagerechte bekommen – Menschen und Umwelt stehen hinten an!

    Gefährliche Schutzstandards: Hinter dem Begriff und Kapitel zum „Investitionsschutz“ verbergen sich knallharte Regeln zum Schutz des Eigentums und der politischen Interessen von Investoren und Anwaltsfirmen. Politische Maßnahmen zur Regulierung internationaler Investoren sollen verhindert oder an enge handels- und investitionsrechtliche Ketten gelegt werden!

    Einer der gefährlichsten Standards im internationalen Investitionsschutz ist dabei die so unschuldig klingende Vorschrift, nach der Staaten den Investoren eine „gerechte und billige Behandlung“ zusichern (oft auch „faire und gerechte Behandlung“ genannt). Was allerdings „gerechte und billige“ Behandlung der Investoren ist, bestimmen nicht mehr Parlamente, Behörden oder Gerichte, sondern im Zweifel die Investitionsanwälte der geheimen Schiedsgerichte! Die Folge: Mit Verweis auf diesen schwammigen Schutzstandard klagt z.B. der Konzern Philipp Morris in internationalen Schiedsverfahren gegen Gesundheitsschutzregeln beim Zigarettenverkauf. Oder der Konzern Vattenfall klagt unter Bezugnahme auf diesen Schutzstandard vor einem internationalen Schiedsgericht gegen den Atomausstieg in Deutschland und verlangt über 3,7 Mrd. Euro Schadensersatz. Was diese Unternehmen, ihre Anwaltsfirmen und die Schiedsgerichte als „gerecht und billig“ bewerten (und bei Verletzung ihrer Interpretation dann Entschädigungspflichten der Steuerzahler_innen ableiten) ist etwas anderes, als was die Bürgerinnen und Bürger Europas sowie unsere ordentlichen Rechtssysteme darunter verstehen.

    Sonderklagerechte: Mit den „wirksamen Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat“ sind neue Investor-Staat-Klagerechte gemeint, die die EU für Investoren aus den USA und Europa einführen möchte. Diese Klagerechte bilden ein eigenes, privilegiertes Rechtssystem für internationale Investoren! Alle TTIP-Mitgliedstaaten, deren Parlamente, Regierungen und sogar Gerichte sollen sich dem unterordnen – ein Skandal!

    Weitere Informationen:

    Eine transatlantische Verfassung der Konzerne? (Eberhardt & Fuchs)
    Sonderrechte für Konzerne (Zeit)
    Vattenfalls Klage gegen Atomausstieg (powershift)
    A transatlantic corporate bill of rights (corporateeurope.org)
    Der gefährliche Schutz von Investoren (Ska Keller in der FR)
    ………………

    http://www.ttip-leak.eu/de/i-marktzugang/investitionsschutz.html

  4. agron
    August 14, 2014 um 5:15 pm

    Nutzt ISDS nur US-Konzernen?

    Nein. Von den fast 600 Klagen der vergangenen Jahrzehnte kamen 120 von US-Investoren. Aber rechnet man die EU-Staaten zusammen, haben in ihnen sogar mehr als die Hälfte aller Verfahren ihren Ursprung (UN-Analyse hier als PDF). Allein deutsche Unternehmen sind für 40 Klagen verantwortlich, darunter Daimler, Deutsche Bank und Telekom. Europa war in 46 Prozent Ziel der Klagen.

    Allerdings ist die „Nationalität“ eines Unternehmens in einer globalisierten Welt fast unerheblich. Viele Konzerne klagen über ihre Sub-Firmen in Ländern wie den Niederlanden. Großkonzerne machen die Hälfte der Kläger aus, immerhin 22 Prozent sind einer Untersuchung der OECD von 2012 zufolge aber Individuen oder „sehr kleine Unternehmen“ Über das restliche Drittel der Kläger ist wenig oder nichts bekannt. Darunter könnten auch Investment-Vehikel sein, hinter denen Konzerne stecken.

  5. balkansurfer
    Dezember 3, 2014 um 4:05 pm

    Reiner Betrug: Der Gutachter für Wirtschafts Minister Gabriel, ist selbst Mitglied bei den Schieds Gerichts Verfahren.

    Pelzig hält sich: Sigmar Gabriels „TTIP-Gutachten“ und unsere Selbstversklavung
    köstlich anzuschauen und doch wird leider alles wahr…

    Klicke, um auf EBI-Gutachten20140430.pdf zuzugreifen

    http://know-ttip.eu/eu-erwaegt-verzicht-auf-schiedsgerichte-isds-bei-ttip/

    ganze Sendung;
    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2266234/Pelzig-haelt-sich-vom-2.-Dezember-2014?bc=svp;sv1&flash=off

  6. navy
    Januar 18, 2015 um 6:39 pm

    Das jüngste Weltgericht
    Drucken E-Mail

    Die private internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist seit den 1950er Jahren wesentlich in der Hand eines US-dominierten Exklusivclubs. Mit TTIP würde das korrupte System noch weiter ausgebaut werden –

    Von WERNER RÜGEMER, 14. Januar 2015 –

    Emannuel Gaillard Emmanuel Gaillard ist „der einflussreichste Franzose der Welt“, textete das Wirtschaftsmagazin Vanity Fair France. Gaillard wurde kürzlich mit Foto in der ZEIT vorgestellt: Er hatte für das Brüderpaar Joan und Viorel Micula durch die Klage vor einem privaten Schiedsgericht 250 Millionen Dollar herausgeholt. Die „postsozialistischen Goldgräber“ hatten in Rumänien eine Anlage für Getränkeabfüllung hochgezogen, sahen ihren Gewinn aber durch den Staat geschmälert: Der hatte beim Eintritt in die EU den beiden Oligarchen die bisher vollständige Befreiung von Gewinn- und Mehrwertsteuer gestrichen, weil das in der EU als unzulässige Subvention gilt. Die ZEIT erwähnte, dass es Gaillard war, der für die Nachfolger von Mikail Chodorkowskis insolventem Ölkonzern Yukos kürzlich vor einem Schiedsgericht in Den Haag 50 Mrd. Dollar gegen Russland erstritten hat. Das US-begeisterte Intellektuellenblatt warnte, dass solche Schiedsgerichte die EU-Staaten künftig viele Millionen kosten könnten, wenn sie auch im TTIP enthalten wären.(1)

    Die Kanzlei Shearman & Sterling

    Nun könnte man fragen, warum die ZEIT vor den TTIP-Schiedsgerichten warnt, wenn schon jetzt solche Verfahren möglich sind? Aber beschäftigen wir uns zunächst mit der Frage: Wer ist eigentlich Gaillard? Die ZEIT berichtet lediglich, er sei ein gewiefter französischer Anwalt in Paris. Das würde aber wohl kaum ausreichen, um gegen einen mächtigen Staat 50 Mrd. Dollar zugunsten des ehemaligen Unternehmens eines verurteilten und geflüchteten Oligarchen herauszuholen. Gaillard steht in US-amerikanischen Diensten. Er ist Leiter einer internationalen Truppe von 85 Anwälten, die sich ausschließlich in privaten Schiedsgerichtsverfahren betätigen. Die Truppe gehört zur US-Kanzlei Shearman & Sterling. Diese dirigiert von ihrem Hauptsitz in New York aus nicht nur die Filiale in Paris, sondern auch Filialen in Washington, Brüssel, Peking, Singapur, Abu Dhabi, Tokio, Frankfurt usw. Gaillards Bedeutung kommt also nicht aus dem Himmel, sondern zunächst von seinem US-Arbeitgeber (was in der westlichen Wertegemeinschaft in etwa dasselbe ist).

    Die Kanzlei vertritt seit Jahrzehnten internationale Konzerne, Private Equity Fonds („Heuschrecken“) und Hedge Fonds bei komplexen internationalen Finanztransaktionen. Zum Beispiel wenn ein solcher Investor mithilfe von ein paar Dutzend Tochterfirmen in diversen Finanzoasen einen anderen Konzern kauft, dessen zwei Dutzend Hauptaktionäre ihre Aktienpakete auf vier Dutzend Tochterfirmen in diversen Finanzoasen verteilt haben. Zum Beispiel wenn der Global Player General Electric wie kürzlich die italienische Aerospace Group Avio für 4,3 Mrd. Dollar kauft. Dafür bekam Shearman & Sterling nicht nur ein zweistelliges Millionenhonorar, sondern auch den Private Equity Tax Deal of the Year, also den vom Finanzmilieu gestifteten Heuschrecken-Preis für die beste Steuergestaltung des Jahres 2014.

    Wie am Kauf von Avio durch General Electric ersichtlich, hat Gaillards Truppe als Mandanten nicht nur zweifelhafte „postsozialistische Goldgräber“ und flüchtige Ex-Oligarchen, sondern vor allem etablierte Konzerne und renommierte westliche Steuerhinterzieher. Die Filiale von Shearman & Sterling in Frankfurt a.M. zum Beispiel weist als Mandanten unter anderem aus: die Allianz-Versicherung beim Verkauf der Dresdner Bank an die Commerzbank, Daimler beim Verkauf des Turbinenherstellers MTU an die schwedische „Heuschrecke“ EQT. Vorrangig hilft die Kanzlei milliardenschweren angelsächsischen Private Equity und Hedge Fonds, die in Deutschland und der EU auf der Jagd nach lohnenden Unternehmenskäufen sind: KKR kauft Altana Pharma, CVC kauft Dywidag, Sana Heavy Industry kauft Putzmeister, Mori Seiki erhöht seinen Anteil an Gildemeister, Carlyle und Syniverse kaufen das luxemburgische Telekom-Unternehmen MACH.

    Doch zurück zur internationalen Gaillard-Truppe: Sie hat in den letzten Jahrzehnten schon Hunderte von Schiedsgerichtsverfahren durchgezogen. Gaillard persönlich vertrat beispielsweise den französischen Bau- und Wasserkonzern SAUR gegen Argentinien, weil die dortige Provinzregierung Mendoza die Wasserpreise nicht so erhöhte, wie es der Investor wollte. Gaillard vertrat die Ampal American Israel Corporation gegen Ägypten, die Global Telecom Holding und den Container-Weltmarktführer Maersk gegen Algerien.

    Die Top 20

    Dabei steht Shearman & Sterling nur an 12. Stelle der zwanzig wichtigsten lawfirms (Rechtsfabriken, wie sie sich selbst nennen), die die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Hand haben. Das führende saubere Dutzend besteht ausschließlich aus US-Kanzleien, angeführt von Freshfields, White & Case, King & Spalding. An 13. Stelle folgt eine kanadische Kanzlei, bevor wieder drei US-Kanzleien folgen, danach zwei britische, eine französische und wieder eine US-amerikanische.(2) Hier spiegeln sich auch Kräfteverhältnisse innerhalb des westlichen Kapitalismus.

    Wenn man genauer hinschaut, entpuppen sich aber auch die Kanzleien, die anderen Staaten zugeordnet werden, als US-dominiert. So hat die kanadische Kanzlei Appleton & Associates als Hauptkunden US-Konzerne, die gegen Kanada klagen. Ihre umsatzstärkste Dependance hat die Kanzlei nicht im heimischen Toronto, sondern in Washington. Sie vertrat und vertritt auf der Grundlage von NAFTA zahlreiche US-Energiekonzerne, auch solche, die gegen Kanada wegen Umweltauflagen zum Beispiel. beim Fracking klagen: Mesa Power, Bilcon, Merrill Ring Forestry, United Parcel Service UPS. Appleton vertrat auch den US-Benzinhersteller Ethyl, der Kanada wegen des Verbots des krebsfördernden Benzinzusatzes MMT verklagte – mit Erfolg: Kanada musste Schadensersatz zahlen und das Verbot aufheben.

    Ähnlich ist es mit der als französisch bezeichneten Kanzlei Salans. Sie hat 2013 mit der kanadischen Kanzlei Fraser Milner Casgain und mit der US-Kanzlei Sonnenschein Nath & Rosenthal fusioniert und heißt jetzt Denton. Die meisten Niederlassungen bestehen in den USA. Kanzlei-Mitinhaber Bart Legum hat jahrelang in der US-Regierung die Abteilung für NAFTA-Schiedsgerichtsbarkeit geleitet. Er leitet heute von der Denton-Niederlassung in Paris aus die internationale Schiedsgerichts-Gruppe der Kanzlei. Die Kanzleien sind nur transnationalen Investoren verpflichtet und verklagen selbstverständlich auch Staaten, in denen sie ihren Sitz haben.

    Schiedsgerichte gegen Sozialismus

    Es begann etwa Mitte der 1950er Jahre. Die Weltbank vergab Kredite an sogenannte Entwicklungsländer, damit Konzerne insbesondere aus den USA, dann auch aus den wichtigen kapitalistischen Staaten wie Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan dort Staudämme, Straßen, Kraftwerke und Diktatorenpaläste bauen konnten. Es wurde gesagt, man wolle die gebauten Anlagen vor der Beschlagnahme durch korrupte Beamte bewahren. Man habe es dort zudem meist mit maroden Rechtssystemen zu tun, die keine westlichen Standards einhielten. Deshalb wollten die westlichen Investoren und die Weltbank die Rückzahlung der Kredite langfristig sichern.

    Im Wesentlichen ging es aber um etwas anderes: Nach dem 2. Weltkrieg versuchten zahlreiche Staaten, sich aus kolonialer Ausbeutung und Abhängigkeit zu befreien, vielfach erfolgreich (China, Indien, 1959 dann Kuba). Die neuen Regierungen und Befreiungsbewegungen – teilweise mit sozialistischen Tendenzen – wollten die nationalen Reichtümer selbst nutzen. Dabei kam es auch zu Enteignungen. In Persien etwa wollte 1952 die demokratisch gewählte Regierung von Ministerpräsident Mossadegh die exzessiven Privilegien der Briten bei der Ölausbeutung beschneiden – die CIA stürzte Mossadegh. Andere Befreiungsbewegungen und eigenständige nationale Regierungen wurden durch Putsche abgesetzt oder durch Korruption zu „westlichen Werten“ bekehrt: Ägypten, Ghana, Indonesien, Guatemala, Argentinien usw., später Chile …(3)

    Gleichzeitig suchte man auch rechtsförmigen Investitionsschutz. So begannen die kapitalistischen Staaten in den 1950er Jahren, mit Entwicklungsländern jeweils bilaterale Investitionsschutzabkommen zu schließen. ….
    http://www.hintergrund.de/201501143384/wirtschaft/wirtschaft-welt/das-juengste-weltgericht/drucken.html
    v

  7. Januar 19, 2015 um 7:10 am

    Hat dies auf Weltpolitik rebloggt und kommentierte:
    Die private internationale Schiedsgerichtsbarkeit

  8. zumbani
    Januar 20, 2015 um 1:10 pm

    Gutachten: Private Schiedsgerichte in TTIP sind grundgesetzwidrig

    Der ehemalige Verfassungsrichter Siegfried Broß schlägt staatliche Schiedsstellen als Lösung vor
    Peter Mühlbauer
    http://www.heise.de/tp/artikel/43/43903/1.html

  9. nastrom
    März 21, 2015 um 1:04 pm

    42 neue Verfahren landeten 2014 vor den Schiedsgerichten, zeigen Zahlen der UN (Unctad-PDF auf Englisch). Das sind weniger als in den drei Jahren zuvor, als die Zahlen jeweils einen neuen Höchststand erreicht hatten. 2013 waren es fast 60 Verfahren gewesen. Die tatsächliche Zahl der Klagen dürfte noch höher liegen, da viele Abkommen zum Investitionsschutz Geheimhaltungsklauseln enthalten.

    http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ttip-faktencheck-investorenschutz-unbekannte-klaeger-geheime-dokumente-1.2085316

  10. nostrum
    Oktober 3, 2015 um 4:45 pm

    Das Schiedsgericht

    Justiz Vor 50 Jahren wurde ein internationales Rechtssystem geschaffen, um Investoren zu schützen. Heute streichen Firmen damit Milliarden an Schadenersatz ein
    Das Schiedsgericht

    Fehlt die Balance, steigt die Balance

    Montage: der Freitag; Material: Fotolia, Istockphoto

    Luis Paradas Büro liegt nur vier Blöcke vom Weißen Haus entfernt an der K Street, Washingtons Lobbymeile, auch „Straße zum Reichtum“ genannt. Parada, 55 Jahre alt, sanfte Stimme, stammt aus El Salvador. Er zählt zu der Handvoll Rechtsanwälte weltweit, die sich darauf spezialisiert haben, Staaten in Gerichtsverfahren gegen multinationale Konzerne zu verteidigen. Er arbeitet in einem unübersichtlichen, aber zunehmend einflussreicheren Sektor des internationalen Rechts. Dieser erlaubt es ausländischen Investoren, Regierungen auf Milliarden von Dollar zu verklagen………

    https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/das-schiedsgericht

  11. navy
    November 25, 2016 um 7:06 am

    Rechtsschutz für Auslandsinvestitionen – Das ICSID der Weltbank
    28.01.2014, Autor: Gastautor
    RA Dr. Sabine Konrad, Partnerin, McDermott Will & Emery LLP, Frankfurt/M.

    RA Dr. Sabine Konrad, Partnerin, McDermott Will & Emery LLP, Frankfurt/M.

    Investitionen im Ausland sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt. Neben Währungs- und wirtschaftlichen Risiken spielt auch das sog. politische Risiko eine große Rolle. Viele Unternehmen sichern das Risiko durch staatliche Eingriffe (wie z. B. eine Enteignung) geschädigt zu werden ab, u. a. durch die bekannten Investitionsgarantien des Bundes (PWC und EulerHermes; AGA-Portal) oder MIGA, der Multilateral Investment Guarantee Agency der Weltbank.

    Neben diesen Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung (die gebührenpflichtig sind und damit mit erheblichen Kosten verbunden sein können) hat die Bundesrepublik in den letzten 55 Jahren ein Netz von über 100 Investitionsschutzabkommen aufgebaut. Neben diesen bilateralen Abkommen ist der Energiechartavertrag mit fast 50 Mitgliedstaaten (u. a. auch Deutschland) eines der wichtigsten Investitionsschutzabkommen.

    Die Abkommen garantieren rechtsstaatliche Grundsätze für die Behandlung von Investitionen im Ausland. Hierzu gehört das Gebot fairer und gerechter Behandlung (also Vertrauensschutz), die Pflicht, Enteignungen nur gegen Entschädigung durchzuführen, Diskriminierungsverbote, das Recht auf Inländerbehandlung und Meistbegünstigung, aber auch die Pflicht, gegenüber dem Investor, übernommene Pflichten zu erfüllen und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.

    Die Verwandtschaft zu den Menschenrechtskonventionen, die ebenfalls in den 1950ern ihren Ausgang nahmen, ist unverkennbar. Ziel beider „Abkommensfamilien“ ist die Verbreitung rechtsstaatlicher Grundsätze und die Verbesserung internationaler Rechtsschutzmöglichkeiten.

    Neuere Investitionsschutzabkommen sehen deswegen auch als wichtigstes Recht für den Investor den direkten Zugang zu neutraler und internationaler Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht vor. Der Investor ist also nicht mehr davon abhängig, dass der Heimatstaat für ihn „in die Bresche“ springt und den anderen Staat auf internationaler Ebene verklagt. Dieses Recht ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen wichtig.

    Eine der wichtigsten Institutionen weltweit und in den deutschen Abkommen am häufigsten zu finden ist das Investitionsschiedsgericht der Weltbank, das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID). Das ICSID wurde 1965 durch ein internationales Abkommen geschaffen, das inzwischen in 150 Staaten gilt. Gegenüber anderen Schiedsverfahrensregeln, die ebenfalls für Investitionsschutzverfahren genutzt werden (wie UNCITRAL), gibt es einige Besonderheiten. So kann ein ICSID-Schiedsspruch nur innerhalb des ICSID-Systems, aber nicht vor nationalen Gerichten angefochten werden. Jeder der 150 Mitgliedstaaten muss einen rechtskräftigen Schiedsspruch anerkennen und zugesprochene Geldforderungen vollstrecken.

    ICSID-Schiedsverfahren sind weitestgehend transparent: die Existenz des Verfahrens, die Namen der Parteien und ihrer Anwälte, die Namen der Schiedsrichter sowie jeder wichtige Verfahrensschritt werden auf der Website von ICSID veröffentlicht. Zwar werden die Schiedssprüche selbst nicht ohne die Zustimmung der Parteien veröffentlicht, ICSID selbst kann jedoch Auszüge publizieren. Manche Abkommen (wie z. B. der nordamerikanische Freihandelspakt NAFTA) sehen sogar die Veröffentlichung aller Entscheidungen und der Schriftsätze vor.

    Anders als Investitionsschutzabkommen enthält die ICSID-Konvention aber keine materiellen Schutzrechte. Sie schafft lediglich das Verfahrensumfeld für professionelle Abwicklung von Schiedsverfahren, sofern der Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit von einem Investitionsschutzabkommen, einem Investitionsgesetz eines Gaststaats oder in einem Vertrag zwischen dem Investor und dem Gaststaat eröffnet wird. Wichtig ist, dass in einem Investitionsschiedsverfahren (von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen) auf der einen Seite immer ein Staat stehen muss. Bei Verträgen zwischen Unternehmen (auch wenn eines ein Staatsunternehmen ist!) kann i. d. R. kein Zugang zu ICSID vereinbart werden. In diesem Fall ist der Investor darauf angewiesen, dass (1) sein Heimatstaat ein Investitionsschutzabkommen mit dem Gaststaat abgeschlossen hat, (2) dieses Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit vorsieht und (3) der Investor die Zugangsvoraussetzungen erfüllt. Es ist daher wichtig, schon bei der Planung des Auslandsengagements zu prüfen, ob (1) die geplante Struktur der Transaktion den Schutzbereich eines Abkommens eröffnet, (2) das Abkommen moderne Schutzstandards enthält und (3) Zugang zur Investor-Staats-Schiedsgerichtsbarkeit vorsieht (was insbesondere bei älteren deutschen Abkommen z. T. nicht oder nicht vollständig gegeben ist).

    Bei der Transaktionsplanung kann es zu Zielkonflikten kommen, wenn z. B. ein Steuerberater eine Struktur empfiehlt, durch die die Investition aus dem Investitionsschutz „herausfallen“ und damit schutzlos gestellt würde. Hier sind eine enge Abstimmung und eine ehrliche Risikoabwägung erforderlich.

    Zu einer professionellen Risikovorsorge für Auslandsengagements gehört selbstverständlich, dass der Investor sich mit den politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingen des Gastlandes vertraut macht. Zum Paket gehört aber auch der Investitionsschutz sowie – abhängig vom Risikoprofil – eine Investitionsgarantie des Bundes oder seitens MIGA.

    (Die Autorin ist Rechtsanwältin in Frankfurt/M. und seit 2007 einer von vier deutschen Schiedsrichtern des ICSID Panel of Arbitrators.)
    http://blog.handelsblatt.com/rechtsboard/2014/01/28/rechtsschutz-fur-auslandsinvestitionen-das-icsid-der-weltbank/

  12. navy
    Juli 2, 2017 um 9:25 pm

    1.07.2017 Ecuador / Politik / Wirtschaft
    Warum beendete Ecuador seine bilateralen Investitionsabkommen?
    Cecilia Olivet, die Leiterin der Bürgerkommission Ecuadors zur Prüfung der Investitionsverträge, berichtet über die Ergebnisse ihrer Arbeit
    Von
    Cecilia Olivet (Interview: Transnational Institute)

    Herwig Meyer
    amerika21
    Cecilia Olivet überreicht dem Präsidenten Ecuadors, Rafael Correa, den Caitisa-Bericht

    Cecilia Olivet überreicht dem Präsidenten Ecuadors, Rafael Correa, den Caitisa-Bericht
    Quelle: TNI
    Lizenz: CC by-nc-nd 3.0

    Ecuador hat am 16. Mai als fünftes Land alle seine bilateralen Investitionsabkommen gekündigt (Bilateral investment treaty, BIT). Warum tat es das? Cecilia Olivet aus Uruguay, Forscherin beim Transnational Institute und Vorsitzende der ecuadorianischen Bürgerkommission, die die Investitionsschutzabkommen des Landes untersuchte, teilt ihre Insider-Einblicke mit.

    Wie ist Ecuadors Kommission zur Prüfung der Investitionsabkommen (Caitisa) zustande gekommen?

    Am 5. Oktober 2012 verurteilte ein Investitionsschiedsgericht die Regierung Ecuadors, dem US-Ölkonzern Occidental 2,3 Milliarden Dollar zu zahlen. Das war die bis dahin größte Summe, zu der ein Staat von einem Gericht eines Investor-Staates verurteilt wurde. Für Ecuador waren das 59 Prozent seines Bildungsbudgets für 2012 und 135 Prozent seines jährlichen Gesundheitsbudgets.

    Diese Entscheidung dreier privater Juristen unter der Regie eines Schiedsverfahrens der Weltbank schockierte die Welt und Ecuadors Regierung. Die Handlung der Regierung, die zu Occidentals Klage geführt hatte, war in keiner Weise extrem. Ecuador hatte Occidentals Konzession beendet, als herauskam, dass die Firma 40 Prozent ihrer Produktionsrechte ohne Zustimmung der Regierung an eine anderen Investor weiterverkauft hatte. Im Abkommen zwischen Occidental und Regierung von 1999 ist ausdrücklich festgehalten, dass der Verkauf von Produktionsrechten seitens Occidental ohne Vorab-Zustimmung der Regierung den Vertrag beendet. Die Schiedsrichter in diesem Fall rechtfertigten ihre Entscheidung damit, dass die Beendigung des Kontrakts durch Ecuador eine unverhältnismäßige Antwort gewesen sei………………………
    https://amerika21.de/analyse/178008/ecuador-investionsabkommen

  13. balkansurfer
    August 28, 2018 um 6:11 am

    Die Weltbank als Partner Berufs krimineller Zirkel reguliert nicht die ICSID Verfahren

    Konzerne erpressen Venezuela
    27. August 2018 Simon Ernst

    PDVSA-Tanker in dem beschlagnahmten Karibik-Terminal BOPEC von Venezuela. Screenshot von Youtube-Video von Roel Veldhuyzen

    US-Ölriese ConocoPhillips „kaperte“ Venezuelas Export-Infrastruktur auf den niederländischen Antillen zwecks Entschädigungszahlung. Kanadischer Goldkonzern greift derweil nach Venezuelas Raffinerien in den USA
    Wie der drittgrößte US-amerikanische Ölkonzern ConocoPhillips (COP) am Montag erklärte, hat die venezolanische Regierung in die Zahlung einer milliardenschweren Entschädigungssumme eingewilligt. Dem geht ein jahrelanger Rechtsstreit voraus. Der Betrag von 2,04 Milliarden Dollar soll nun in einem Zeitraum von vier Jahren beglichen werden, wobei 500 Millionen Dollar sofort zahlbar sind.

    COP hatte bereits im Mai mit der Pfändung von ausländischen Vermögenswerten der krisengeschüttelten staatlichen Erdölgesellschaft Venezuelas (PDVSA) begonnen, um die Entschädigung zu erpressen. Nach der Konfiszierung des PDVSA-Verladeterminals auf der Karibikinsel Bonaire und einer ähnlichen Anlage auf St. Eustatius hatte am 11. Mai auch ein Gericht auf Curaçao grünes Licht für die Übernahme der Kontrolle über die große PDVSA-Raffinerie „La Isla“ durch den US-Konzern gegeben.
    Piraten der Karibik
    Über die Anlagen auf Bonaire, St. Eustatius und Curaçao wird etwa ein Drittel der venezolanischen Erdölexporte abgewickelt – ein Umsatz von täglich mehr als 20 Millionen Dollar. Geld, das das in einer schweren Schulden- und Devisenkrise befindliche Land dringend benötigt, da Millionen Menschen unter Lebensmittel- und Medikamentenknappheit leiden. Die Reallöhne sind in den letzten drei Jahren um mehr als 75% gesunken.

    Der Kontrollverlust über die Exportinfrastruktur auf den niederländischen Antillen machte die Benutzung der größten Tankerklasse für das südamerikanische Land zuletzt unmöglich und es bildeten sich Schlangen vor den Raffinerien und Verladeterminals der venezolanischen Karibikküste.

    Der ohnehin durch eine zerrüttete Produktion niedrige Export war durch die überfallartigen Pfändungen von Seiten COPs offenbar zuletzt weiter zurückgegangen, was die Wirkung der US-Wirtschaftssanktionen auf die Devisenkrise noch verstärkte. Venezolanische Handelspartner wie China mussten in der Folge ausfallende Seelieferungen des „Schwarzen Goldes“ verkraften, dem Staat fehlten Einnahmen für Importe und Schuldendienst.

    Die Konfiszierungen im Mai und die jetzige Einwilligung der Regierung in den Zahlungsplan folgten auf ein Urteil eines in New York angesiedelten Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer vom 25. April, das den venezolanischen Staat zu der Entschädigungszahlung verpflichtet hatte. Statt aber nach dem Urteil einen Zahlungsplan zu vereinbaren, so Regierungsvertreter, sei COP direkt zu einem harten Inkassoverfahren übergegangen.
    Profiteinbußen durch Erdölreform
    Der wirtschaftliche Schaden, den der mehr als 100 Milliarden US-Dollar schwere Ölriese vor dem in den USA ansässigen Schiedsgericht geltend machte: Maßnahmen der venezolanischen Regierung aus den Jahren 2006 und 2007 wie Steuererhöhungen und partielle Nationalisierungen, die der damalige Präsident Hugo Chávez im Zuge seiner linken Reformpolitik auch gegen den Widerstand von US-Regierung und großen Ölkonzernen durchgesetzt hatte, hätten ein Loch von angeblich mehr als 20 Milliarden Dollar in die Konzernprofite gerissen.

    Die Erdölreform von Hugo Chávez war die Grundlage staatlicher Mehreinnahmen gewesen, die Millionen VenezolanerInnen Reallohnsteigerungen und den Zugang zu umfangreichen Bildungs- und Gesundheitskampagnen ermöglicht hatten, bis die Krise des Welterdölmarktes und das Fortdauern neokolonialer Abhängigkeiten den Reformfortschritten nach Chávez Tod im Jahr 2013 schließlich ein jähes Ende bereiteten.

    https://www.heise.de/tp/features/Konzerne-erpressen-Venezuela-4145756.html

  14. gaffg
    September 18, 2019 um 4:08 am

    Red carpet courts: 10 stories of how the rich and powerful hijacked justice

    Imagine an environmentally or socially destructive corporate project – say, a toxic mine, which could poison your local supply of water, or a luxury real estate project, which would displace hundreds of people in its neighbourhood. You and your community oppose the plans, the courts judge in your favour and the project is stopped. Seems like a community victory right? But then, the company behind the project sues your country for interfering with its profits, demanding millions or even billions in compensation, including for future profits.

    Full report: Red carpet courts. 10 stories of how the rich and powerful hijacked justice

    Actually, you do not need to imagine all this. It is the reality. Under the ISDS (investor-state dispute settlement) parallel justice system for corporations and the rich, companies can sue countries when they think that government decisions or court rulings – even ones whose explicit aim is to protect people or the environment – affect their profits. These lawsuits bypass domestic courts and take place before an international tribunal of arbitrators: essentially three investment lawyers who decide whether private profits or public interests are more important.

    It’s litigation terrorism.

    Nobel Prize-winning economist Joseph Stiglitz

    For example, after Colombia’s Constitutional Court banned mining activities in a sensitive ecosystem which provides drinking water for millions of Colombians, Canadian mining

    Rec carpet courts infographic

    Red carept courts infographic 2

    10 case studies of how the rich and powerful hijacked justice:

    1. Suing to force through a toxic goldmine: Gabriel Resources vs Romania
    2. How Big Pharma sabotaged the struggle for affordable cancer treatment: Novartis vs Colombia
    3. Bypassing courts and local democracy to build a gated community for the rich: Razvoj Golf and Elitech vs. Croatia
    4. Destructive mining trumps local health and environment: Kingsgate vs Thailand
    5. Blocking climate change laws with ISDS threats: Vermilion vs France
    6. Undermining indigenous land rights and perpetuating colonial wrongs: Border Timbers and von Pezold vs Zimbabwe
    7. When arbitrators reward mining corporations’ human rights abuses: Copper Mesa vs Ecuador
    8. Making profits but refusing to pay taxes: ConocoPhillips and Perenco vs Vietnam
    9. Dirty oil attacks action on fossil fuels: Rockhopper vs Italy
    10. Golden profits undermine people’s right to clean water: Eco Oro vs Colombia

    Download the full report in PDF

    → Visit the dedicated website: http://10isdsstories.org/

    https://corporateeurope.org/en/2019/06/red-carpet-courts-10-stories-how-rich-and-powerful-hijacked-justice

    Weltbank, IMF, IFC, EBRD Bank finanzieren nun die Organisierte Krimininalität in der Ukraine



    How ISDS corporate privileges risk to undermine community struggles

  15. sum
    Oktober 23, 2022 um 11:13 pm

    Ein Abkommen sollte einst die Energiewirtschaft postsowjetischer Staaten schützen. Heute ist er eine Goldgrube für Konzerne und bedroht die Europäische Rechtsordnung. Aktivisten klagen nun.

    Eine Handvoll junger Menschen aus Europa klagt gegen den Energiecharta-Vertrag. Sie wollen verhindern, dass multinationale Energiekonzerne zukünftig Staaten, die sich in der sozialökologischen Transformation befinden, vor internationalen Sondergerichten verklagen können.

    Auch zahlreiche NGO und mehrere EU-Regierungen kritisieren den Ende des Jahres auf europäischer Ebene zur Abstimmung stehenden Vorschlag der EU-Kommission eines modernisierten ECT.

    Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit unterzeichneten unter anderem die EU-Staaten rechtsverbindlich 1994 einen 1998 in Kraft getretenen internationalen Vertrag, der insbesondere dazu diente, Investitions- und Handelssicherheit für multinationale Energiekonzerne zu schaffen, die damals in den rechtlich unsicheren Verhältnissen in Osteuropa und Zentralasien investieren wollten.

    Inzwischen sind dem Energy Charter Treaty (ECT) 51 Staaten aus Europa und Asien sowie die EU und die Agentur Euratom beigetreten.

    Der Vertrag bezieht sich – entgegen seiner ursprünglichen Intention – nun auch maßgeblich auf die energiewirtschaftliche Investitionstätigkeit innerhalb der EU.

    Der Vertrag, der das Risiko für eine Investitionstätigkeit im Bereich der Energiewirtschaft postsowjetischer Staaten vermindern sollte, führte vor allem zu Klagen gegen EU-Staaten in Milliardenhöhe.

    Besonders strittig ist hierbei die im Vertrag verankerte Funktion internationaler Sondergerichte, die zum Teil in den USA sitzen und EU-Recht nicht anerkennen. Sie entscheiden in intransparenten Verfahren, wenn ein Konzern einen Staat verklagt, der ökologische Reformen vornimmt, von denen sich dieser Konzern benachteiligt fühlt. So verklagte RWE den niederländischen Staat, da dieser den Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorziehen wollte.

    Auch die hohen Abfindungssummen des deutschen Staates für den schwedischen Konzern Vattenfall im Zuge des deutschen Ausstiegs aus den Kernkraftwerken sind vor dem Hintergrund des ECT zu sehen. So klagte beispielsweise auch der britische Ölkonzern Rockhopper Explorations den Staat Italien aufgrund verweigerter Bohrgenehmigungen vor der italienischen Küste (Region Abruzzen).

    Slowenien wurde verklagt, da es von Konzernen ein Gutachten zur Umweltverträglichkeit von Fracking verlangte. Bis heute sind 150 Investorklagen vor dem Hintergrund des ECT bekannt.

    Absatz 16 des Vertrags über die Energiecharta legt die Bestimmungen zu den Sondergerichten fest:

    Ist ein Investor einer anderen Vertragspartei der Auffassung, daß eine Regierung ihren nach den Investitionsschutzbestimmungen zu erfüllenden Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, dann kann der Investor vorbehaltlich der bedingungslosen Zustimmung der Vertragspartei im Hinblick auf die Beilegung entweder das nationale Gericht befassen oder eine internationale Schiedsstelle (ICSID, die Zusatzeinrichtung des ICSID, das UNCITRAL oder die Stockholmer Handelskammer) einschalten.https://www.heise.de/tp/features/Julia-gegen-den-Energiecharta-Vertrag-7317343.html

  16. infomarinadurrescom
    Dezember 14, 2023 um 5:18 am

    Russen Vermögen, durch illegale Sanktionen gestohlen, trotz Garantie, Abitrage Verträge. kostete bis heute Milliarden



    LNG-Konflikt: Indien fordert Milliarden von Deutschland


    13. Dezember 2023 Christoph Jehle


    Indien verklagt Deutschland wegen LNG-Lieferausfällen. Sefe, ehemals Gazprom Germania, steht im Zentrum des Konflikts. Wie Bundesregierung Problem lösen will.


    Wirtschaftspolitisches Ziel der Bundesregierung ist es, die Abhängigkeit Deutschlands von China zu verringern. Als möglichen neuen Partner hat sie Indien ins Visier genommen, von wo künftig mehr importiert werden soll. Doch inzwischen nehmen auch die Konflikte mit Neu-Delhi zu.


    Der indische Staatskonzern Gail hat die Bundesregierung auf Zahlung von 1,8 Milliarden US-Dollar verklagt. Das Unternehmen sieht sich durch den Wirtschaftskrieg Berlins gegen Russland geschädigt, der im vergangenen Jahr zum Ausfall zugesagter Lieferungen von Flüssiggas geführt hatte.


    Sefe und Gazprom: Verstaatlichung und ihre Folgen


    Die Sefe, ehemals Gazprom Germania, war Teil des russischen Gazprom-Konzerns und umfasste ihrerseits rund 60 Tochtergesellschaften. Unter dem Dach der SEEHG (Securing Energy for Europe Holding) GmbH in Berlin wurde der gesamte Teilkonzern zunächst von der Bundesnetzagentur unter Treuhandverwaltung gestellt und im November 2022 von der Bundesregierung verstaatlicht.


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    Ziel dieser Maßnahme war die Sicherung der Gasversorgung in Deutschland. Die faktische Enteignung durch die Bundesregierung führte jedoch dazu, dass Gazprom seine Lieferungen einstellte. Dies brachte Russland den Vorwurf ein, Gas als politische Waffe einzusetzen.


    Um die Liquidität des verstaatlichten Unternehmens zu sichern, ergriff die Bundesregierung Stabilisierungsmaßnahmen, darunter ein KfW-Darlehen in Höhe von insgesamt 13,8 Milliarden Euro. Sefe ist einer der größten Gashändler Europas und liefert rund 30 Prozent des in Deutschland verbrauchten Gases.


    Vertragsrisiken nach Eigentümerwechsel


    Nach der Verstaatlichung kamen in Deutschland Befürchtungen auf, man habe sich mit der Enteignung russische Spione ins Haus geholt. Aus arbeitsrechtlichen Gründen konnten die rund 1.500 Mitarbeiter nach dem Eigentümerwechsel jedoch nicht geheimdienstlich durchleuchtet werden. Die eigentlichen Probleme schlummerten aber offensichtlich in den übernommenen Verträgen mit nun plötzlich riskanten Lieferverpflichtungen.


    In Deutschland konnte in einigen Fällen eine außergerichtliche Einigung erzielt werden, so bei der VNG-Tochter VNG Handel & Vertrieb GmbH und der inzwischen gelöschten Sefe-Tochter WIEH GmbH, ehemals Wintershall Erdgas Handelshaus. In beiden Fällen konnte eine Einigung über die Aufteilung der Kosten für die Ersatzbeschaffung erzielt werden. Die genauen Konditionen dieser Vereinbarungen wurden jedoch nicht veröffentlicht.


    Im Zuge der wirtschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Westen und Russland wurde Gazprom Marketing and Trading Singapore (GMTS) zu einer der Gazprom Germania untergeordneten Einheit, bevor Gazprom Germania schließlich enteignet wurde und fortan unter dem Namen Sefe firmierte.


    Sefe M&T Singapore: Unterbrechung und Wiederaufnahme von LNG-Lieferungen


    Im Juni 2022 stellte die Sefe M&T Singapore, die über die Sefe Marketing & Trading Ltd. in London zur Sefe-Gruppe gehört, die Erfüllung der bei der Verstaatlichung der deutschen Gazprom-Tochter übernommenen Verträge ein. Sie nahm die LNG-Lieferungen jedoch offenbar im April 2023 wieder auf.


    Gail ging zunächst gegen ihren ursprünglichen Vertragspartner, die Gazprom-Tochter in Singapur, vor. Ab dem 1. Dezember 2023 richtete sich der Rechtsstreit dann gegen die Sefe Group.


    Konventionalstrafen als Lösungsansatz im Lieferstreit


    Der deutsche Staat versuchte seinerseits, das Problem des einseitigen Lieferstopps auf internationaler Ebene durch die Zahlung von Konventionalstrafen zu lösen. Dies wurde jedoch nicht von allen Kunden akzeptiert, da eine Ersatzbeschaffung der nun fehlenden Gasmengen auf dem Weltmarkt nicht zuletzt aufgrund der preistreibenden deutschen Gasnachfrage nicht realisierbar war.


    Zwar zahlt die verantwortliche Sefe Marketing & Trading (SM&T) an die indische Gail Konventionalstrafen in Höhe von 20 Prozent des vertraglich vereinbarten Preises, der Anfang 2022 weit unter den aktuellen Marktpreisen lag. Diese Vertragsstrafe macht jedoch nur einen Bruchteil der Kosten aus, die Gail derzeit am Spotmarkt für Ersatzlieferungen hätte zahlen müssen. Indien forderte die Sefe auf, die vertraglich vereinbarten Gasmengen anderweitig zu beschaffen, um ihren Lieferverpflichtungen nachzukommen.


    Mit Gail (India) klagt jetzt der größte, mehrheitlich staatliche Gasversorger Indiens vor dem London Court of International Arbitration gegen die von Deutschland verstaatlichte Sefe-Gruppe. Ob es bei diesem einen Verfahren bleibt, dürfte nicht zuletzt von dessen Ausgang abhängen.


    Langfristige Verträge und politische Spannungen


    Gail hatte seit 2012 einen 20-jährigen Liefervertrag mit Gazprom Marketing and Trading Singapore (GMTS), der die Lieferung von 2,85 Millionen Tonnen LNG pro Jahr vorsah.


    https://www.telepolis.de/features/LNG-Konflikt-Indien-fordert-Milliarden-von-Deutschland-9572832.html

  1. September 9, 2018 um 9:40 am
  2. Oktober 20, 2019 um 10:46 am
  3. Oktober 23, 2022 um 11:19 pm

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